TRE® („Tension Releasing-Exercises“) ist ein von Dr. David Berceli (USA) entwickelter Ansatz, bestehend aus den TRE®-Körperübungen für die begleitende/ eigenständige Stress-Regulierung/ Harmonisierung/ Trauma-Arbeit. Die gut in Begleitung erlernbare Übungsserie bringt den Organismus zurück in einen supernatürlichen, einfachen, selbstwirksamen und somit hilfreichen Mechanismus, welcher die Heilung und Verarbeitung stressreicher sowie traumatischer Erfahrungen begünstigen kann. Die dem TRE® zugrunde liegende Erkenntnis ist die von Dr. Peter Levine und von Dr. David Berceli gemachte Entdeckung, dass Beute-Säugetiere, die in freier Wildbahn potenziell fast täglich von Raubtieren „traumatisiert“ werden (können) und täglich extrem stressreiche Situationen erleben, dennoch keine Symptome von PTSD/ PTBS („Posttraumatischer Belastungsstörung“) aufweisen. Dies wird auf den Umstand zurückgeführt, dass diese Tiere, gleichsam wie die Raubtiere selbst, potenziell traumatische Erlebnisse und damit verbundene Stressreaktionen einfach aus ihrem psychosomatischen System herausschütteln/ -zittern. Das zentrale Nervensystem (ZNS) sendet dabei Signale an das Gehirn, dass die Gefahr vorüber ist, so dass auch auf psychischer Ebene eine Entstressung initiiert werden kann. Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) hingegen bilden sich u.a. indem ein ständiger chemischer Erregungszustand bestehen bleibt, welcher den Organismus autonom dazu veranlasst, einzelne Bestandteile des traumatischen Ereignisses ständig zu wiederholen, um es doch noch irgendwann loszuwerden. Gefühle und Erinnerungen zu dem belastenden Ereignis wiederholen sich so in Träumen, unwillkürlich aufkommenden Gedanken, belastenden Gefühlen und Flashbacks – was jedoch weder die Anspannung noch die Abrufbarkeit verringert, sondern diese quasi noch „trainiert“ und zunehmend neuronal stärker verschaltet.
„Unsere subjektive Erfahrung weist stets eine eine körperliche Komponente auf, ebenso wie alle sogenannten körperlichen Erfahrungen eine mentale Komponente haben. Die Programmierung unseres Gehirns basiert auf mentalen Erfahrungen, die sich körperlich ausdrücken. Und Emotionen teilen sich in Mimik und Körperhaltung mit (…) um gewohnheitsmäßige Muster zu durchbrechen, heißt es, etwas an den somatischen Feedbackschleifen zu verändern., die Körperempfindungen, Gedanken, Erinnerungen und Handlungen verbinden.“
Prof. Bessel van der Kolk (Psychiater/ Forscher)
Leider wurde der Körper trotz gut einhundert Jahren Körperpsychotherapie und seit über 70 Jahren Gestalttherapie bis vor Kurzem von vielen Psychologen, Coaches und Therapeuten wenig bis überhaupt nicht beachtet oder sogar gering geschätzt. Heute gilt es hingegen in ganzheitlich orientierten Fachkreisen – dank Psychobiologie, Neurophysiologie und physiologischer Psychologie – weitestgehend als gesichert, dass (in der Psychotherapie/ Therapie und im Coaching) „Reden allein nicht reicht“ und dass eine als überwältigend erlebte Erfahrung, ganz gleich welcher Kategorie (physiologisch/ kognitiv/ emotionalen/ zwischenmenschlichen/ transgenerativen/ spirituell) auch immer den Körper und das Nervensystem („Polyvagaltheorie„) mit betrifft und über die damit verbundenen Rückkopplungsschleifen (re-)aktiviert wird. Ein zunehmend integrativ-multiprofessioneller Ansatz ist somit zum Glück die kausale Folge, den wir u,a, in unserem „Vagus-Training“ für Pädagogen, Berater, Coaches, Therapeuten und interessierte Privatpersonen sowie Teams sozialer Einrichtungen, anbieten.
Gerade im Bereich von Angststörungen, Panikattacken, Posttraumatischen Belastungsstörungen oder sozialen Phobien stoßen wir bereits – rein phänomenologisch – auf ähnliche Verhaltensweisen, die hier allerdings meist nicht ressourcen- und lösungsorientiert gedeutet und genutzt, sondern im Regelfall pathologisiert und unterbunden werden. Hier sehen wir eine weitere deutliche Parallele zum beschleunigten Atem, welcher i.d.R. auch eher – als „Hyperventilation“ gedeutet – unterbunden, als genutzt wird um die damit verbundenen Themen zu bearbeiten (Vgl., Forschungsergebnisse Prof. Stanislav Grofs). Denn so wie Verspannung und Erstarrung natürlich-unwillkürliche Prozesse sind, so sind es auch Vibrieren, Zittern, beschleunigtes Atmen und kathartische Entladung. Man könnte in diesem Kontext auch auf das alte homöopathische Prinzip, des „Gleichen mit Gleichem Heilen“ („curabit ut cum simile“) verweisen. Der mit den TRE®-Übungen angeregte neuromuskuläre Zittermechanismus taucht in der Natur, v.a. bei Säugetieren, noch völlig natürlich auf und wurde vielfach, bspw. bei Antilopen, Bären, Gazellen, Hunden und Löwen, dokumentiert – Wildtiere, deren Zitter- und Atemprozess verhindert oder unterbrochen wird, sterben! Menschen aus traditionellen Kulturen, haben bemerkenswerterweise – sei es durch ihre größere Naturverbundenheit o. Körperorientiertheit sowie durch ekstatische Trance-Übungen – nach wie vor einen natürlichen Zugang zu diesem psychosomatisch-energetischen Ausbalancierungswerkzeug. Moderne Menschen, die diesen Zugang nicht mehr besitzen, „sterben“ zwar zum Glück nicht, wie unsere tierischen Verwandten, direkt an den ungelösten Folgen – sie sehen und beschreiben sich jedoch selbst oftmals als stark beeinträchtigt oder gar wie „lebendige Tote“, was eben auf einen unvollendeten Totstellreflex hindeutet.
„Die Kombination von Angst und Immobilität hält uns im Trauma-Kreislauf fest. Der Schlüssel ist daher, die Angst von der Immobilität zu entkoppeln. Immobilität an sich ist nicht intrinsisch ängstigend (…) Der Schlüssel zur Heilung körperlicher Verspannung liegt in unserer Fähigkeit sie abschütteln und so durch die Reaktion der Immobilität hindurch gehen und wieder ganz beweglich und funktionsfähig werden.“
Dr. Peter A. Levine (Somatic Experiencing®)
TRE® ist keine „Therapie“ und ersetzt diese nicht, sondern kann als Ergänzung und Selbsthilfetool dienen. Das reine TRE®-Angebot (ohne therapeutischen Kontext) fokussiert sich auf Selbsterforschung/ Neugier/ Körpererfahrung/ Körpervertrauen und somit Resilienz-Steigerung. Es ist als solches grundsätzlich als „niederschwellig“ anzusehen und kann auch nach dem erfolgreichen Erlernen auch als Vor-/ Nachbereitung intensiven Sports, von Physiotherapie/ Cranio-Sacral-Behandlungen/ Osteopathie/ Yoga sowie bspw. vor und nach stressigen Prüfungssituationen oder nach (alltäglichen) Stress-Situationen/ Schocksituationen genutzt werden. Weiterhin kann es eine gute Ergänzung – in Absprache mit dem jeweiligen Psychotherapeuten/ Arzt – zu vorherigen Psychotherapie-Prozessen auf der reinen Verbalebene sein. Wir sehen es sogar als eine sehr gute Erweiterung für körperbasierte Therapien und haben ebenfalls sehr gute Erfahrungen in der Vor- und Nachbereitung holotroper Atemsitzungen erzielt. Es wird von uns empfohlen den Übungsablauf nicht öfter als 3x/ Woche zu praktizieren.
Spätestens seit den Forschungen Pavlows sowie in der neueren Zeit durch die Studien Seligmans und Scaers ist bekannt, dass Tiere, die anschließend an diesen Prozess des „Abschüttelns“ gehindert werden, dauerhafte psychische Störungen, bis hin zu kompletten Wesensveränderungen erleiden. Ferner waren sie in darauffolgenden Situationen wesentlich weniger resilient und erstarrten oftmals wesentlich schneller („Erlernte Hilflosigkeit“). Auch bei Menschen kommt es zu einer völligen Neuorganisation von Geist, Gehirn, Muskulatur und Nervensystem. Solange das Gehirn nicht das Signal vom Zentralnervensystem erhält, dass die Gefahr vorbei ist, wird – laut Scaer – der Körper weiterhin das bioneuronale Muster von Schutz und Verteidigung aufrechterhalten und wiederholen. Scaer und Levine betonen daher zu Recht, dass überwältigende Schocks und Stress, genau wie Ohnmacht, Verzweiflung, Panik, große Trauer und Hilflosgkeit, im Wesentlichen im Körper/ prozeduralen Gedächtnis abgespeichert wird, somit nonverbal ist und über rein sprachbasierte „Redekuren“ nicht gut erreichbar ist. Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Erholung vom akuten oder chronischen Stress und damit verbundenen Trigger-Reizen ist, die natürlichen Lösungsmechanismen des Körpers zu aktivieren, die dem Körper bedeuten, in einen Zustand der Ruhe und Wiederherstellung zurückzukehren. Ferner braucht es einen gesunden Omega-Index – den dafür notwendigen Test sowie die natürliche und gesunde Lösung zum Ausgleich können Sie über uns beziehen.
„Die unvermeidlichen Konflikte zwischen Neugier und Furcht oder Frustration lösen sich möglicherweise allmählich auf, wenn ein erfahrener Therapeut dem Klienten hilft, das soziale Engagement aufrecht zu erhalten, wozu er den Klang seiner Stimme, Pacing, Aufmerksamkeitssteuerung und die Modulation des Arousals nutzt und dem Klienten so hilft, sein Toleranzfenster zu vergößern.“
Dr. Pat Ogden (Begründerin „Sensorimotor Psychotherapy™“)
Nur 15% geben nach Befragungen bspw. an weniger negative Gefühle zu haben und sich belastbarer zu fühlen, was daran liegen mag, dass der Übungsablauf des TRE® nicht „therapeutisch“ konzeptioniert ist und – wie bspw. das Holotrope Atmen auch – ebenfalls von Nichtfachleuten (ohne therapeutische Ausbildung/ gänzlich fachfremde Personen etc.) als rein alleinstehendes Konzept angeboten wird. Wenn das für sich stehende TRE®-Konzept – wie so oft – als alleinige Universalmethode zur „Trauma-Heilung“ vermarktet wird, kann sich bspw. als problematisch erweisen, dass Traumaheilung i.d.R. ein längerer therapeutischer Wachstumsprozess ist und nicht durch eine Kurzinterventions-Methode erfolgt. Dennoch sind Selbstheilungsinterventionen mittels TRE® in akuten Schocksituationen (bspw. nach Unfällen, Naturkatastrophen o. Überfällen) bereits bekannt geworden. Es wären in jedem Fall weitere Studien nötig, wie es sich gestaltet, wenn TRE® in einen längeren Prozess der Persönlichkeitsentwicklung mit eingebunden wird und vom Klienten mitunter in diesem auch aktiv für sich selbst, über einen gewissen Zeitraum – genutzt wird. Eine größer angelegte Studie läuft zurzeit in Phoenix, USA, mit an PTBS erkrankten Veteranen aus dem Irak- und Afghanistankrieg.
„(Therapeut und Klient) erforschen das, was geschieht, und zwar nicht als Krankheit oder als etwas, wovon man sich befreien muss, sondern um dem Klienten zu helfen, sich dessen bewusst zu werden, wie sein Erleben gesteuert wird und wie seine Erlebensfähigkeit erweitert werden kann.“
Ron Kurtz (Begründer des „HAKOMI“)
freiraum-Institut
Cert. TRE®-Provider (nach Dr. David Berceli)/ Transpersonaler Therapeut (EUROTAS)
Quellen:
Balke-Holzberger, Ulrike, 2020, Gesunder Rücken durch Zittern – Rückenschmerzen mit Faszien-Stress-Release lindern und auflösen, Klett-Cotta
Berceli, David, 2007, Körperübungen für die Traumaheilung, Niba, Häuser
Berceli, David, 2008, Shake it off naturally – Reduce Stress, Anxiety and Tensio with TRE
Heinrich-Clauer, Vita/ Schlippe, Arist, von, 2006, Dem Körper zu erlauben, sich laufend selbst zu heilen – Psychotherapie im Dialog, Heft 2, Thieme
Levine, Peter, A., 1998, Trauma-Heilung – Das Erwachen des Tigers, Synthesis
Liebau, Irmhild (Hrsg.), 2016, Forum Bioenergetische Analyse, Psychosozial Verlag
Nibel, Hildegard/ Fischer, Kathrin, 2020, Neurogenes Zittern – Stress & Spannungen lösen – Das original TRE-Übungsprogramm, Trias
Ogden, Pat/ Minton, Kekuni/ Pain, 2010, Clare, Trauma und Körper, Junfermann
Porges, Stephen, W., 2010, Die Polyvagal-Theorie, Junfermann
Scaer, Robert, 2005, Das Trauma-Spektrum – Verborgene Wunden und die Kraft der Resilienz, G. P. Probst
Van der Kolk, Bessel, 2015, Verkörperter Schrecken – Traumaspuren in Gehirn, Geist und Körper, G. P. Probst
Winkler, Susanne, 2018, Neurogenes Zittern als neuer Baustein in der Traumabehandlung?, Psychotherapeutenjournal 3/18
© freiraum-Institut (FRI) (Artikel zum “TRE®” von Jörg Fuhrmann) – Teilen ausdrücklich erwünscht.
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Nach dem ich auf einem Vortrag in Münster bei David Berceli war, durfte ich auf einem Seminar von Jörg Fuhrmann die Übungen live machen und miterleben was sie bei mir bewirken. Nach den vielen Ausbildungen, welche ich schon gemacht habe, hat mich meine Körperreaktion überrascht. Da ich selbst das Thema schon gut bearbeitet habe, konnte ich auch die im Körper steckende Reaktion schnell einordnen und empfand die Abreaktion als sehr angenehm. Danke Jörg.
Lieber Arnold, danke für die positive Rückmeldung zur TRE®-Übung. Mich hat es ebenso gefreut, dass wir uns - nach den Jahren - einmal in Soest auf dem Modul "Neuro-Mesmerismus" wieder gesehen haben und dass für Dich die TRE®-Erfahrung, gleich beim ersten Mal, so eindrücklich war. Ich freue mich auf ein Wiedersehen... herzlichste Grüße in die "alte Heimat" ;-), Jörg
Ich bin megafroh diese Methode bei Jörg Fuhrmann im Seminar TRE im Juni in Soest gelernt zu haben. Im Innersten durch ein äußeres Ereignis getriggert, habe ich die sofortige - für mich nahezu tröstliche - Wirkung der Übung direkt körperlich erfahren dürfen. Ich schüttelte und zitterte förmlich den ganzen aufgestauten Stress aus mir heraus. Es tat so gut meinen Körper als verläßlich zu erleben und mich somit selbst zu spüren. So gut, das ich nicht hilflos bin und mich selbst "befreien" kann !! Ich habe diese Übungsfolge jetzt in meine Woche integriert und kann aus vollem Herzen sagen HERZLICHEN DANK Jörg ....ich fühle mich seitdem leichter, beschwingter und kann mich auch besser abgrenzen.
Liebe Sabine,
es freut mich zu lesen, dass Dir die TRE®-Methode auch im Alltag weiterhilft und eine generelle Unterstützung bietet. Es ist auch meine Erfahrung, dass sich der TRE®-Prozess des Stress-Abschüttelns/ -Abzitterns irgendwann quasi "automatisiert" und der Körper wieder "versteht", was er von selbst für sich tun kann. In diesem Sinne können wir gemeinsam David Berceli danken, dass er den TRE®-Ablauf so prägnant-einfach auf den Punkt gebracht hat... ;-) Weiterhin alles Gute mit den TRE®-Übungen!
Herzliche Grüße vom Bodensee aus Stein am Rhein,
Jörg
Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe einen Tre Kurs besucht und mich danach tiefen Entspannt gefühlt. Zuhause habe ich es öfters versucht aber das Zittern kam nicht. Kann es sein das da noch eine Blockade ist von der kindheitstraumariesirung. Haben sie einen Ratschlag für mich und wie lange soll ich jede Übung machen. Glg Tatjana Höcher aus Deutschland
Hallo Tatjana,
ich bitte um Verständnis, dass wir keine praktischen "Ratschläge" an uns gänzlich unbekannte Menschen erteilen. Es kann freilich grundsätzlich bei allen Selbsthilfe-Übungen immer sein, dass das Unterbewusstsein aus Angst vor Überwältigung zu macht. Dann ist eine entsprechende fachliche Begleitung i.d.R. hilfreich - zumindest so lange, bis das eigene System Vertrauen gefasst hat.
Viele Grüße vom freiraum-Team.