Löst oder lockert man diese „Fixierung“ also, mit Hilfe einer weitschweifenderen Aufmerksamkeit, erkennt man mitunter mit etwas historischem Hintergrundwissen, signifikante phänomenologische Parallelen bei der Anbahnung und Durchführung heutiger global ablaufender Auseinandersetzungen. „Die Wahrheit“ ist bekanntlich in jedem Krieg – und auf jeder Seite des Schlachtfeldes -, noch vor der „Unschuld“, das erste Opfer, in deren Folge die Zivilbevölkerung ein ums andere Mal zu den Spielbällen des Adels sowie von Wirtschaft, Politik und Hochfinanz geworden ist. Dies wird v.a. daran deutlich, wenn man sich die Finanziers der jeweiligen Kriegsparteien anschaut und feststellt, dass diese oftmals die gleichen auf beiden Seiten der Fronten sind. Man denke dabei nur nach WK-II an die Aussage, des US-Chef-Anklägers Telford Taylor, der da konstatierte, dass ohne I.G.-Farben (und der „American I.G.“) der zweite Weltkrieg nicht möglich gewesen wäre.
Der Krieg ist der Vater aller Dinge, ist aller Ding König.
These: Bis heute wird einem der größten Verbrechen des 20. Jhs., der Vertreibung von Abermillionen Zivilisten, kaum medial und informell, weder in Schulen, noch im öffentlichen Fernsehen, Rechnung getragen. Die Ursachen und Folgen der beiden Weltkriege werden nach wie vor relativ einseitig betrachtet. Nach der jahrzehntelangen Beschäftigung mit den Folgen deutscher Täterschaft drängt es sich zunehmend mehr auf, auch die andere Seite, der „Opferschaft“ (des einfachen Volkes) zu betrachten. Dieser sicherlich nicht einfache und diffizile Artikel beschäftigt sich mit einem Thema, welches auch gerne – wie jedes Thema, dass an die „Nerven“ geht und an den tiefen Emotionen rüttelt – von Radikalen, jedweder Richtung, oberflächlich für sich instrumentalisiert wird. Verbietet sich daher damit der Umgang? Soll ein Therapeut, dessen Aufgabe es ist in die „Schattenbereiche“ zu schauen und andere dazu anzuregen, bzw. befähigen, dies selbst zu tun, eben diesen „einen Bereich“ deswegen ausblenden? Nur weil es ggf. nicht „opportun“ oder „zeitgemäß“ ist? Nicht opportun, weil „der Deutsche“ ja, sobald er auf sein erfahrenes Leid verweist „relativiert“, weil er es ja „verdient“ hatte, oder weil er damit das Leid der anderen mindert (?!), denn schließlich hatte er ja damals spätestens im „Berliner Sportpalast“ dem „Totalen Krieg“ – und somit der totalen, eigenen Vernichtung, frenetisch zugestimmt oder aus der spirituellen- sowie der Positiv-Denken-Ecke kommend – weil es ja nicht gut ist, sich mit „negativen Themen“ und dem „Opfersein“ zu beschäftigen, denn schließlich verlöre man dann ja seine Fähigkeit sich durchweg glücklich, schön, erfolgreich, „erleuchtet“ zu erleben und außerdem erschaffe man damit ja nur eine neue „Sich-selbst-erfüllende-Prophezeiung“. Letzteres ist durchweg verständlich und mitunter mit der Tendenz des Menschen zu erklären, sich lieber auf der Seite des Stärkeren zu wähnen, es erklärt jedoch nicht die Dynamik einer selbstauferlegten Geißelung über Generationen hinweg.
Wenn der Gegenpol wertfrei bestehen darf und gehalten werden kann, dann entsteht eine Mitte, über welche man – im Sinne der Gestalttherapie o. des Inner-Team-Focusing (ITF) – in eine übergeordnete, alles durchdringende Betrachtung gelangen kann, die nicht in dualistisch in „Gegensätzen“ verhaftet bleibt.
Nun werden Sie vermutlich – genau wie ich zuerst auch – spontan sagen: „Aber das betrifft doch nicht mich! Schließlich leben wir doch schon so lange im Frieden hier und außerdem ist das doch lange her.“ oder so etwas wie: „Aber das war doch überall so!“ Das es damit – im Sinne von Helmut Kohls „Gnade der späten Geburt“ – nicht so ganz weit her ist, wird jedem klar, der noch wach in die Augen seiner Großeltern, die den letzten großen Krieg noch erleben mussten, sehen konnte und den Mut zu Fragen besessen oder die Fähigkeit zwischen den Zeilen zu lesen sein Eigen nennt. Dass eine bloße „Umlenkung“ durch einen simplen Vergleich mit „anderen“ ebenso wenig hilfreich ist, wird er oder sie mitunter an den Erfahrungen mit den eigenen Eltern festgestellt haben, die – je nach Jahrgang direkt oder indirekt betroffen waren von Todesangst, Hunger, Vertreibung, Kälte sowie empathieloser – vom Behaviorismus übernommener – „NS-Erziehung“, familiärer Gewalt und der allgemein überflutenden Bildmacht jener Ära. Daher möchte man mitunter zum Alten Testament (Prediger 3) greifen und zitieren: „Das Geborenwerden hat seine Zeit und ebenso das Sterben; Das Pflanzen hat seine Zeit Und ebenso das Ausraufen des Gepflanzten; Das Töten hat seine Zeit Und ebenso das Heilen; Das Einreißen hat seine Zeit Und ebenso das Aufbauen (…); Das Schweigen hat seine Zeit und ebenso das Reden; Das Lieben hat seine Zeit und ebenso das Hassen; Der Krieg hat seine Zeit und ebenso der Friede.“
Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.
Das Phänomen der transgenerativen Traumaweitergabe o. transgenerationalen Traumatisierung, welche erst in den letzten Jahren, mit den neueren Forschungserkenntnissen der sogenannten „Epigenetik“ in die breitere Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gerückt ist, hat es ohnehin schwer, da dessen Folgen so derart schwer zu greifen und zu erfassen sind. Wenn es sich dann allerdings mit derart kontroversen Themenkomplexen handelt – wie denen des deutschen Leids/ Traumas von Weltkrieg 1 und 2 -, die dominiert sind von Schuld, Scham, Selbstvorwürfen, Fremdvorwürfen, Verlust, Abspaltung, Verdrängung und einem nebligen Gefühl diffuser Leere, dann bleibt das Eigentlich oftmals auf der Strecke. Die tiefer liegenden, i.d.R. nicht bewussten/ nicht gefühlten und eingekapselten Komponenten von (individuellem/ kollektivem) Trauma, Trauer, Ohnmacht, Demütigung, Verzweiflung und Wut, brechen sich maximal in entsprechend, abermals instrumentalisierter Form Bahn, finden ansonsten im privaten, wie im gesellschaftlichen Diskurs wenig Aufmerksamkeit oder Beachtung, geschweige denn Anerkennung oder gar „Würdigung“ in einem achtsam-würdevollen Rahmen. Die Carl-Friedrich-von-Siemens-Stiftung schrieb zum Thema der sogenannten „Deutschen Neurose“ und einem damit einhergehenden Symposium bereits 1979: „Die Deutschen von heute, welcher Generation auch immer, leben in einer besonderen, nicht normalen Situation. Diese Situation ist durch die Epoche der Weltkriege und ihre Interpretation bestimmt. Die Anormalität der Lage scheint schwer erträglich zu sein und Abwehrmechanismen nahe zu legen. Einer besteht darin, das Anormale für normal zu halten, ein anderer, bestimmte Ereignisse aus dem Gedächtnis zu verbannen. Misslingen solche Versuche, kommt es zu neurotischen Konflikten. Handlungsfähig ist ein Volk erst, wenn es in der Lage ist, seine Geschichte zu erzählen und sich mit ihr zu identifizieren. Die Deutschen können heute diesen notwendigen Prozess nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten vollziehen. Ihre Identität ist damit gefährdet.“ Der Spiegel sprach diesbezüglich in einer Serie von einer „Deutschen Depression„.
Aufgrund meiner jahrelangen Erfahrungen im therapeutisch-beraterischen Bereich als transpersonale ausgerichteter Körper-Gestalttherapeut/ Hypnotherapeut ist es mir daher ein Anliegen mich dem Thema in Hinblick auf den ersten und zweiten Weltkrieg und den daraus speziell für die deutsche Bevölkerung abzuleitenden transgenerativen Traumatisierungen zu beschäftigen. Dies mag einerseits aus eigenem familienbiographischem Interesse herrühren, welches bereits sehr früh begann, bis hin zu den nahezu regelmäßigen, spontanen Erfahrungen reichen die ich v.a. in den Bereichen der systemischen und psychodynamischen Aufstellungsarbeit, der Biographiearbeit, der inneren Teilearbeit, der Regressionshypnose und insbesondere beim holotropen Atmen sowie Tranceprozessen mit meinen Klienten und Kursteilnehmern erleben konnte. Diese waren in den allermeisten Fällen sehr berührend, tiefgehend und häufiger Faktor nachhaltiger Erkenntnisprozesse, Integration und Transformation – selbst bei akuten oder jahrelang „chronisch“ vorhandenen Themen.
Ich habe immer für den Inbegriff moralischer Verwirrung gehalten, dass sich im Deutschland der Nachkriegszeit diejenigen, die völlig frei von Schuld waren, gegenseitig und aller Welt versicherten, wie schuldig sie sich fühlten.
a) Dauer-Trancen: starke fremd- & auto-hypnotische Prozesse in der Endlosschleife, die einer entsprechenden „DeHypnose“ bedürfen; diese resultierenden u.a. aus (früh)kindlichen Bindungserfahrungen, als auch aus diesbezüglichen Erfahrungen mit Pädagogen und Medien; dazu könnte man bspw. auch das „Blind-Sein“ für vergleichbare Situationen in der heutigen Zeit sowie das (mitunter aggressive) Umdeuten bspw. von heutigen Gruppenvergewaltigungen (inkl. Täter-Idealisierung) sehen
b) Falsches Selbst/ Charakterpanzer: es entsteht das, was Arno Gruen „Falsches Selbst“ – also eine aufgesetzte (Schein)Persönlichkeit, entkoppelt von der eigenen Wahrnehmung – nannte; Über-Identifikation mit der Alltags-Ich-Maske („Persona“) und Verstärkung der (Ab)Spaltung („Schatten“); „Wand“ zwischen den Ich-Anteilen („Ego-States“) wird dicker; dies geht wiederum mit einer immensen Verleugnung, Verneblung/ Verdrängung und kognitiven Dissonanz einher
c) Wahrnehmungsstörung: der Mensch traut sich selbst und seiner eigenen Wahrnehmung nicht o. weniger als der von außen angebotenen Interpretation; bzw. die eigene Wahrnehmung entspricht überhaupt nicht der äußeren Realität, wird aber unverrückbar für „wahr“ gehalten; plötzliche „Symptome“ wie Beklommenheit, Kältegefühle, Schreckstarre o. konkreten Bezug
d) Innere Unordnung: oft befindet sich, u.a. in Folge der beklemmenden, alles Emotionale ausblendenden Totstell-Atmosphäre in deutschen Familien (v.a. der 1950er-1980er Jahre), nicht nur die äußere, sondern v.a. auch die „Innere Familie“ des Einzelnen nicht in Ordnung sondern in konstanter Disharmonie, als Folge der Tabus und daraus resultierenden Bindungsstörungen; dabei herrscht – aufgrund von Familientabus – mehr oder minder größere Unbewusstheit für die eigenen charakterlichen Fixierungen, als „beste Lösungsstrategie“ jener ambivalent-schwierigen biographischen Erfahrungen, vor
e) Über-Erregung: man fühlt sich (ohne ersichtlichen Grund) bedroht/ ist angespannt/ übererregt und erlebt inneren (psychosomatischen) Aufruhr, ohne genau zu wissen warum; dies kann sich auch in Zittern, Energieschüben, Hitze, Impulsivität, Gereiztheit, exessivem Arbeiten o. Sport sowie manische Phasen äußern
f) Körperpanzerung & Erstarrung: in Folge dessen viel Spannung/ Leid psychosomatisch im muskulären/ faszialen/ neuronalen System gehalten und blockiert somit den freien Lebensfluss sowie alles Lebendige/ Spontane/ Kreative; Sexualität und Gefühlsausdruck sind mitunter (depressiv) gehemmt; Erregung/ Aggression (aus Angst vor den möglichen Folgen) werden nicht bewusst erlebt/ thematisiert/ ausgedrückt, sondern weiter „eingepanzert“ (auch charakterlich und stimmungstechnisch)
g) Super-Ego: Zugänge zur Spiritualität/ Transpersonalität werden verunmöglicht oder laufen ins Gegenteil einer „spirituellen Verklärung“ bereits bestehender Problematiken; auch „Prä-Trans-Irrtum“ (Wilber)
h) Entwicklungshemmung: gesunde Potenzialentfaltung hin zur Selbstverwirklichung, Einfühlung und Selbsttranszendenz ist nur reduziert, weit unterhalb des eigenen Potenzials – „mit angezogener Handbremse“ – möglich
i) Leid-Introjektion: das Leid der gesamten Welt wird reflexhaft sich selbst „unzerkaut“ einverleibt/ „aufgeladen“; ggf. Idealisierung/ Sakralisierung von Leid; mitunter auch gekoppelt mit hohen Erwartungshaltungen an das Umfeld; eine generelle Schwermut und unbestimmte Melancholie erfüllt das Wesen – je nachdem – vordergründig o. latent im Hintergrund
j) Armut statt Fülle: Betroffene kommen, trotz größter Anstrengungen, mitunter nicht in wirkliche Fülle – auch im materiellen Sinn – an, sondern verharren immer noch in unbewusster „Nachfolge“; ggf. auch eine mehr o. minder bewusste Idealisierung von Besitzlosigkeit als höchstes Ideal/ Tugend und gleichzeitiges Verurteilen von Wohlstand/ Erfolg/ Besitz; alternativ hat man es „zu etwas gebracht“, kann es aber aus Scham o. „Solidarität“ mit den Ahnen nicht genießen
k) Auf-der-Flucht-sein: ein „Sich-Zuhause-Fühlen“ an einem Ort, mit sich selbst, anderen Menschen/ Lebewesen o. in der Welt allgemein scheint verunmöglicht/ man ist nie ganz „da“; partnerschaftliche Beziehung/ erfüllende Sexualität etc. können schwierig-unmöglich sein; „Gefühl“ nicht richtig bzw. irgendwie „falsch“ o. „am falschen Platz“ zu sein
l) Sucht-Hungergeist: eine bereits in der Kriegsgeneration weit verbreitete „Lösungsstrategie“ mit oftmals fatalen Folgen für die Nachkriegsgeneration und Kriegsenkel, die diese Form des seelischen Hungers, der mittels des Konsums weltlicher Stoffe/ Substanzen/ Objekte/ Titel/ Errungenschaften/ Menschen etc. kompensiert werden soll, aber mitunter parallel mit großer Scham besetzt ist
m) Punktuelle Entladungsregulation: Betroffene suchen nach (stellvertretenden) Möglichkeiten der (symbolischen) „Abreaktion und Entladung“ zum generellen Spannungsabbau und zur damit verbundenen Wiederherstellung einer annähernden Spannungsbalance („Homöostase“); dies erfolgt bspw. punktuell durch „Alkohol“, welcher die Gegenseite des Alltags-Ichs nach oben bringt; alternativ können auch Sport o. Arbeit ähnliche Funktionen erfüllen und bis zur totalen Erschöpfung führe
n) Angst-Projektion: diffuse Angst, vor allem und jedem („German Angst“); mögliche Gefahren, bspw. wenn man sich nur zu „weiblich“ kleidet/ vor Männern allgemein/ vor Kontrollverlust/ vor Manipulation/ vor Aggression/ vor Lebendigkeit etc., werden (hypersensibel) überall wahrgenommen; in Folge dessen werden Veränderungen i.d.R. reaktiv als skeptisch-negativ konnotiert/ nicht als „Chancen“ o. „Möglichkeiten“ sondern eher als „Risiko“ o. „Gefahr“ interpretiert; man verarbeitet viele Allagsimpulse via Stammhirn und Amygdala
o) Naiver Realismus: der gesunde Menschenverstand ist wie ausgeschaltet / Gefahrensituationen und -potenziale werden überhaupt nicht mehr als solche wahrgenommen; man lebt in einer rosa Blümchenwelt, was mitunter auch aus der 1:1-Übertragung spiritueller Erfahrungen herrühren kann
p) Wiederholungszwang: man erkennt die Vorzeichen bestimmter Situationen nicht, kann keine Parallelen zu den Erfahrungen der Eltern/ Großeltern ziehen, meint mitunter auch „alles anders zu machen“ und befindet sich eigentlich in einer Endlos-Wiederholungsschleife, die man nicht bereit zu Hinterfragen ist
q) Narzisstische-Kompensation: man idealisiert alles von außen Kommende sowie alle anderen und vergisst dabei gänzlich sich selbst und sein Umfeld („Helferkomplex“/ „Hilflose Helfer“) – man möchte endlich einmal nur „gut“ und frei von „Schuld“/ „Sünde“ sein und dies auch der ganzen Welt zeigen; am Ende erleidet man mitunter das, was viele pädagogisch-therapeutische und soziale Berufe ereilt: das klassische Ausgebrannt-Sein
r) Reaktive Entwertung: man entwertet automatisiert-zwanghaft nahezu alles kulturell Eigene/ Fremde; alles aus der eigenen Familienbiographie, v.a. die eigenen Großeltern und Eltern, was soweit geht, dass man sich selbst, den eigenen Mitmenschen und dem gesamten Kulturkreis (o. einem anderen) den kollektiven Tod wünscht („Das deutsche Volk hat die Verpflichtung auszusterben“/ „Wir lieben den Volkstod“); Frauen verbleiben in Folge des damit verbundenen Protests bewusst o. unbewusst kinderlos; ansonsten herrschen neben dem Selbsthass v.a. Selbstzweifel vor (Anmerkung: in keinem Land ist die Kluft zwischen Eltern und Kindern größer als in Deutschland/ die Deutschen bildeten bei Umfragen im internationalen Vergleich das Schlusslicht, beim Thema „Nationalstolz“); dies kann sich in der generellen Ablehnung jedweder staatlicher Strukturen, Ordnungen und Organisationen fortsetzen
s) Blinde Flecken: man ist bspw. gegen Rassismus, hat aber kein Problem mit rassistischen Äußerungen gegenüber der eigenen Ethnie (bspw. auch mit Hinblick auf eine unreflektiert transgenerativ übernommene Kollektivschuld)/ man bekennt sich/ kämpft gegen „Antisemitismus“, ist jedoch (völlig) blind gegenüber einem mitunter starken Antisemitsmus anderer Ethnien und Gruppen, die man ggf. selbst noch proaktiv fördert/ unterstützt/ idealisiert etc.
t) Vereinzelung & Vereinsamung: man idealisiert das Individuum und lehnt alles Kollektive kategorisch ab (Gruppen/ Vereine/ Kulturelles/ Tradition/ Brauchtum etc.); die Gesellschaft gerät in Folge dessen in eine Kulturkrise und hat keine gemeinsamen Bezugspunkte mehr, was es schwer macht, noch eine gemeinsame Identität zu formulieren; letzteres könnte sich v.a. in neuen, wirtschaftlichen Krisen als fataler Brennstoff/ Brandbeschleuniger erweisen
u) …
Nur die Toten haben das Ende des Krieges gesehen.
Angeregt durch meine ausgiebige eigene, internationale Reisetätigkeit, den therapeutischen Lehrzeiten bei unterschiedlichen Schamanen sowie der Organisation/ Durchführung von Seminaren mit ihnen, wurde mir erstmalig schlagartig deutlich, wie sie, die Situation als von außen kommende Heiler betrachteten und wahrnahmen. Seitdem begann eine zunehmende Suche nach den Spuren der Ahnen, den Wohnorten, den vermutlichen Todesstellen und damit verbundenen Geschichten, welche sehr viel mit mir selber zu tun hatten, wie ich in diesem mehrjährigen Prozess feststellen musste. Der innere „Aufbruch“ und die damit verbundene Weitung des Blickwinkels geschah für mich in einer Zeit, in welcher ich meine sechsjährige Ausbildung zum Gestalttherapeuten abschloss und die eben auch geprägt war, durch viele hundert Stunden an Selbsterfahrung und Selbsterforschung, welche sich dann darauf 8 weitere Jahre in meiner transpersonalen Ausbildung fortsetzte.
Demgemäß scheint es meiner therapeutischen Erfahrung nach notwendig, die Formen kollektiver Traumatisierung anzuschauen, die eben auch den Deutschen v.a. in diesem Zeitrahmen wiederfahren sind und die bis heute weiter wirken. Dazu zählen neben den Schattenseiten Adolf Hitlers und des NS-Regimes, welche sich bis heute bspw. auch durch ein seltsam-verstörtes Verhältnis zum Thema „Spiritualität“ oder allgemein zum Thema „Psychotherapie/ Psychologie“ (These – als Folge des „Euthanasie-Programms“?) zeigen, sind v.a. auch die Folgen von millionenfachem Verlust/ millionenfacher Vertreibung/ Verschleppung/ Vergewaltigung (durch Alliierte Soldaten)/ Zwangsarbeit/ (Brand)Bombenterror („Feuersturm“) gegen Zivilisten/ Propaganda-Einfluss/ Re-Education-Programm/ Besatzung sowie natürlich der Zusammenbruch des eigenen Weltbildes zu betrachten. Dank gewisser Publikationen und Veröffentlichungen u.a. von Sabine Bohde und Hilke Lorenz, lockert sich das „Dogma des Schweigenmüssens“ zum Glück langsam aber beständig seit etwa 2006. In den Medien erfahren die letzten, noch verbliebenen Zeitzeugen erstmalig breitere Aufmerksamkeit und das Thema dringt zunehmend in das kollektive öffentliche Bewusstsein ein – wie so oft, wenn die direkt Betroffenen nahezu nicht mehr vorhanden sind. Allerdings ist es für die Nachgeborenen nicht minder entscheidend sich diesem „Erbe“ in sich selbst mutig zu stellen.
Dieser Artikel dient der reinen Information zum Thema “Kollektives und transgeneratives/ transgenerationales Trauma”. Für eine kassenfinanzierte “Traumatherapie” wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder psychologischen Psychotherapeuten. Am freiraum-Institut bieten wir ausschließlich Persönlichkeitsentwicklung und Coaching zur Potenzialentfaltung an.
Gestalttherapeut (EAP)/ Transpersonaler Therapeut & Supervisor (EUROTAS)
Experte für Krisen, DeHypnose & Existentielle Trancetherapie
Quellen:
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Danke für DIESE Worte, die mein Herz und meinen Geist erreichen.....und Respekt und Verantwortungsgefühle in mir fühlbar werden lassen....für "meine" Geschichte. Auch ich ....Mensch, Frau, Tochter, Deutsche ...bin auf dem Weg mich mit "meinen" Schattenanteilen auseinander zu setzen. Und habe beim Holotropen Atem erleben dürfen, wie machtvoll "das alte Erleben" die Freude in mir "in Schach" gehalten hat.....als ich das 'sehen' konnte, kam so viel schon so lange aufgeschobenes "in Gang". Danke für die 'Erweiterung' auch meines Blickfensters, denn die geopolitischen Zusammenhänge waren mir bis dato in ihrer WirkKRAFT auf unser aller Leben nicht so bewusst ......!!!
Vielen Dank für das Mit-Teilen Deines Erlebens in Bezug auf diese erweiterte Perspektive auf die deutsche Geschichte sowie die daraus resultierende Betroffenheit nachfolgender Generationen im Sinne von transgenerationaler Traumaweitergabe. Weiterhin alles Gute!
Herzliche Grüße vom Bodensee aus Stein am Rhein,
Jörg